Portraitphoto Jalila Essaidi working in the lab
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Bring yourself

Jalila Essaïdi

Jalila Essaïdi verändert die Welt mit futuristischen Biodesigns

Im Jahr 2011 sorgt Jalila Essaïdi für weltweite Furore. Mit ihrem Kunstwerk ‚Bulletproof skin‘ verbindet sie die Kunst mit der Biowissenschaft und versetzt die Welt in Staunen. Durch den Einsatz von Spinnenseide hat sie es geschafft, die menschliche Haut nahezu kugelsicher zu machen!

Bring yourself, Jalila will do the same

Portraitphoto Jalila Essaidi with spider on her hand

Jalila Essaïdi ist 41 Jahre alt. Sie ist Künstlerin, Gründerin der Foundation BioArt Laboratories in Eindhoven und CEO des Biotech-Unternehmens Inspidere.

Welt­weite Auf­merk­sam­keit

Auf dem Gelände des Niederländischen Instituts für Forensik ertönt ein lauter Knall. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wird ein Projektil auf ein Stück menschliche Haut aus dem Reagenzglas gefeuert. Wie durch ein Wunder bleibt die Haut nahezu unversehrt. Zwar besitzt die verwendete Kugel eine geringere Durchschlagskraft, dennoch ist das Ergebnis erstaunlich.

„Ich hätte niemals gedacht, dass meine Entdeckung für so viel Aufregung sorgt“, erzählt Jalila. Auf der ganzen Welt wird über ihr Projekt berichtet. „Die Menschen diskutierten über mögliche Einsatzgebiete. Es kamen Anfragen zur Heilung bestimmter Hautkrankheiten. Es wurde darüber gesprochen, wie man die kugelsichere Haut gegen Vergewaltigungen einsetzen könnte. Und sogar das US-Militär war interessiert.“

Die außergewöhnliche Idee basiert auf der Entdeckung des Molekularbiologen Randy Lewis, dem es gelungen war, Ziegen und Raupen zu züchten, mit deren Hilfe sich Spinnenseide produzieren lässt. Lewis war der Meinung, dass das Material möglicherweise stark genug für kugelsichere Westen sei. Als Jalila davon erfährt, ist sie sofort Feuer und Flamme: „Ich habe die Idee ‚weitergesponnen‘. Wie wäre es wohl, wenn es in Zukunft kugelsichere Menschen gäbe?“

Portraitphoto Jalila Essaidi yellow mixture in lab
„Es geht nicht nur um neue Materialien. Innovation bedeutet, vorherrschende Systeme und Abläufe zu hinterfragen und zu erneuern.“
Jalila Essaïdi

Von kugel­sicher­er Haut zu Klei­dung aus Kuh­mist

Portraitphoto Jalila Essaidi outside with animals

Kugelsichere Menschen gibt es bisher nur in Filmen. Jalila hat sich dagegen entschieden, das Patent für viel Geld an das US-Militär zu verkaufen. „Ich habe mit der Entscheidung gehadert und mich letztendlich für den medizinischen Einsatz entschieden. Das schien mir ethischer zu sein.“ Das besondere Material wird nun entwickelt, um Brandopfern und Menschen mit Druckgeschwüren zu helfen.

Die kugelsichere Haut ist nicht die einzige Entdeckung der niederländischen Künstlerin. Ein weiteres Projekt ist mindestens genauso bahnbrechend! Als Jalila während der Entwicklung ihrer „Bulletproof skin“ scherzhaft aufgefordert wurde, das Gülleproblem in den Niederlanden zu lösen, beschloss sie, den Appell ernst zu nehmen. Dies war die Geburtsstunde von Mestic. Das neuartige Kleidungsmaterial besteht zu einem Großteil aus Kuhmist.

„Alles begann mit einem Eimer Mist, den ich aus einer Güllegrube holte“, erklärt Jalila. In ihrem Labor entdeckt sie, dass die Gülle Bestandteile zur Herstellung von Zellulose enthält. „Dieses wertvolle Material, für das oft ganze Wälder gerodet werden, ist auch ein Abfallprodukt der Agrarindustrie.“ Jalila zählt eins und eins zusammen. „Es geht nicht nur um neue Materialien. Innovation bedeutet, vorherrschende Systeme und Abläufe zu hinterfragen und zu erneuern.“ 2017 gewinnt sie mit Mestic den Global Change Award von H&M.

Portraitphoto Jalila Essaidi with 4 glass vases in the lab

Neue Wege

Jalila sammelt stetig neue Erkenntnisse. Ihre Stiftung BioArt Laboratories in Eindhoven zeigt eindrücklich, dass die Biowissenschaften eine bleibende Rolle für die Designbranche spielen werden. Während der Dutch Design Week 2022 öffnet sie ihre Türen für interessierte Besucher. „2013 waren wir noch die einzigen Aussteller auf der Dutch Design Week mit einem biowissenschaftlichen Ansatz. Heute sind es mehr als 40 Biotechnologen und kreative Designer, die für Veränderungen innerhalb des Systems kämpfen und kreative Problemlösungen suchen.“

Jalila hat bereits eine neue Vision: Sie möchte das CO2-Problem in Angriff nehmen. Die Lösung könnte möglicherweise in einer Wasserpflanze liegen, die einst für den Beginn der Eiszeit verantwortlich war. Die ersten Pilotprojekte stehen bereits in den Startlöchern.

Portraitphoto Jalila Essaidi with colleagues in the lab
Portraitphoto Jalila Essaidi in domestic environment