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Mama Agatha gibt Radfahrunterricht

Seit 2009 gebe ich in Amsterdam Radfahrunterricht für Migrantinnen und Geflüchtete. Ich selbst komme aus Ghana. Die Leute nennen mich Mama Agatha. Für viele bin ich eine Art Community-Mutter geworden.

Bring yourself, Agartha will do the same

Agartha Frimpong (besser bekannt als Mama Agatha) ist 67 Jahre alt. Sie gibt Radfahrunterricht bei der Stiftung Motivation & Integration in Amsterdam.
Egal woher du kommst, ob du Probleme hast oder Hilfe benötigst – Ich bin für dich da. Menschen zu helfen und ihnen Liebe zu schenken ist mein Hobby. Ich selbst habe als Jugendliche nicht viel Liebe erfahren. Ich fühlte mich oft einsam und traurig. Eines Tages habe ich mir gesagt: Es reicht! Das, was ich verpasst habe, werde ich an andere weitergeben. Mein Vater ist inzwischen verstorben, meine Mutter lebt noch in Ghana. Glücklicherweise konnte ich im Erwachsenenalter ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern aufbauen.

Mehr Bewegung und Interaktion

Viele der Menschen hier im Viertel treiben keinen Sport. Als eine der Frauen an einem
Herzinfarkt starb, wusste ich, dass sich etwas ändern muss. Ihr Tod brachte
mich zum Nachdenken. Ich erinnere mich an ein Nachbarschaftstreffen, zu dem die
Leute mit dem Fahrrad kamen. Zusammen mit zwei anderen Frauen bin ich auf sie
zugegangen. Nach einem kurzen Gespräch stand fest: Wir wollen das auch! Wir
wollen Fahrradfahren. Gesagt, getan. Ich habe nicht nur gelernt, wie man mit einem Fahrrad fährt, sondern habe auch die Stiftung Women Motivation & Integration gegründet. Wir organisieren Fahrradunterricht, Nähkurse und andere Aktivitäten für Frauen aus unserer Umgebung. Wir fördern ihre Bewegung und auch die sozialen Kontakte untereinander.

Das Fahrradfahren hat mein Leben bereichert. Wir haben mit einer kleinen Gruppe von 23 Frauen angefangen. Inzwischen haben rund 2.500 Menschen Radfahrunterricht genommen. Erst waren es nur Frauen, später auch Männer. Im Jahr 2015 wurde ein Dokumentarfilm mit dem Titel Mama Agatha produziert. Der Film wurde auf zahlreichen Filmfestivals gezeigt und hat sogar ein paar Preise gewonnen. Egal wohin ich kam, egal ob Leipzig oder Washington DC, überall sollte ich vom meinem Unterricht erzählen.

Radfahren ist gut für die Gesundheit und sorgt für einen
aktiveren Lebensstil. Nicht zuletzt dient das Fahrrad auch als Fahrzeug.

Glaub an dich

Der Radfahrunterricht beginnt nicht auf dem Sattel, sondern zu Fuß. Zunächst laufen wir zehn Runden und schieben das Fahrrad neben uns her. De Teilnehmerinnen sollen sich erst einmal mit der Situation anfreunden. Im nächsten Schritt stellen wir uns mit einem Bein auf das Fahrrad und rollen vorwärts. So kommen wir unserem Ziel immer näher. Bevor es auf die Straße geht, üben wir das Fahren in einer verkehrsberuhigten Parkgarage. Manche Frauen haben große Angst, dass sie hinfallen könnten. Umso schöner ist es, dass sie schnell an Selbstvertrauen gewinnen und kräftig in die Pedale treten. ‚Glaub an dich selbst!‘ Das ist die Einstellung, die ich vermitteln möchte. ‚Lass die Vergangenheit hinter dir und schau nach vorne. Vertrau auf Gott und glaub an dich selbst.‘ Das ist mein Rat.

Ein eigenes Fahrrad

Wenn die Teilnehmerinnen die Radfahrprüfung bestehen, bekommen sie ein Fahrrad, das sie mit nach Hause nehmen können. Ein eigenes Fahrrad bietet so viele Möglichkeiten. Radfahren ist gut für die Gesundheit und sorgt für einen aktiveren Lebensstil. Nicht zuletzt dient das Fahrrad auch als Fahrzeug. Die Menschen hier in der Nachbarschaft haben im Durchschnitt weniger Geld zur Verfügung und leben sehr sparsam. Mit ihrem Fahrrad können sie zur Schule und zur Arbeit fahren. Und als Familie können sie gemeinsam mit ihren Kindern Ausflüge unternehmen.