Lior Steinberg
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Bring yourself

Lior Steinberg

Stadtplaner nutzt künstliche Intelligenz, um der Welt den niederländischen Städtebau näherzubringen

Für den in Tel Aviv geborenen Lior Steinberg begann die Liebe zum Fahrrad in dem Moment, als er den Groninger Bahnhof verließ. „Wow, was für ein Gefühl. Ich bin rausgegangen und habe überall Menschen auf Fahrrädern gesehen. Es ist so einfach, sich in der Stadt frei zu bewegen. Ich war sofort verliebt.”

Bring yourself, Lior will do the same

Lior Steinberg

Lior Steinberg ist Stadtplaner und Mitbegründer von Humankind mit Sitz in Rotterdam. Das Beratungsunternehmen setzt sich für eine lebenswertere Gestaltung der Städte ein. Lior war an der Entwicklung des Tools „Cycling Lifestyle AI“ beteiligt, mit dessen Hilfe jede Stadt in ein niederländisches Fahrradparadies verwandelt werden kann.

Natürlich fahren wir mit dem Fahrrad, womit sonst?

Für Lior war sein erster Besuch in Groningen eine echte Offenbarung. Doch als er die Menschen in seiner Umgebung auf die Fahrräder ansprach, zuckten sie nur müde mit den Schultern. „Wenn man anfängt, über Fahrräder zu sprechen, schauen einen alle komisch an. Dann sagen sie: ‚Natürlich fahren wir mit dem Fahrrad, womit sonst?‘ Mehr als die Hälfte aller Fahrten in Groningen werden mit dem Fahrrad erledigt. Die Niederländer*innen wissen gar nicht, wie besonders das ist.“

Die Situation in Groningen inspirierte Lior dazu, die Stadtplanung aus einer neuen Perspektive zu betrachten: Weniger Straßen voller Autos, mehr Platz für Menschen. „Das Straßendesign in den Niederlanden ist unglaublich gut; leider kann man es nicht einfach auf andere Städte übertragen. Man kann den niederländischen Fahrrad-Lifestyle jedoch als Inspiration nehmen und ihn an die Gegebenheiten vor Ort anpassen.“

Lior Steinberg
„Wow, was für ein Gefühl. Ich bin rausgegangen und habe überall Menschen auf Fahrrädern gesehen.“
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Ein Ort zum Wohlfühlen

Lior Steinberg

Fragt man Lior, so ist das Projekt Little C am Rotterdamer Coolhaven ein gutes Beispiel für die Zukunft der Stadtplanung. Das zwischen Schnellstraßen gelegene Gebiet ist ein beliebter Hotspot in Rotterdam. Das moderne Viertel vereint Wohn- und Arbeitsfläche mit Natur und Wasser. Zwischen den neuen Hochhäusern verlaufen breite Fahrradwege, die von reichlich Grün umgeben sind.

„Sie hätten die Radwege auch schmaler bauen können“, sagt Lior. „Das hätte nichts an der Funktion geändert. Doch so wie es jetzt ist, bietet der Weg viel mehr Platz, um gemütlich nebeneinander her fahren zu können. Es ist nicht nur ein Radweg, der von A nach B führt, sondern ein Ort zum Wohlfühlen.“

Das moderne Viertel Little C gehört zu den ersten Anlaufstellen, wenn Lior ausländische Kolleg*innen und Delegationen durch Rotterdam führt. „Zugegeben, Amsterdam hat mit seinen Grachten und engen Straßen etwas Märchenhaftes. Doch eine Stadt wie Rotterdam ist wesentlich besser geeignet, um zu verdeutlichen, wie fahrradfreundliche Maßnahmen in die Tat umgesetzt werden können.“ Als Beispiel nennt Lior die breiten und grünen Fahrradwege. Vor ein paar Jahren wäre das in der „autosüchtigen“ Stadt noch undenkbar gewesen. „Rotterdam gibt den Menschen Hoffnung, dass es überall klappen kann.“

Man muss es sehen, um es glauben zu können

Um andere Leute für den niederländischen Fahrrad-Lifestyle zu begeistern, hat Lior zusammen mit seinen Kolleg*innen das Programm „Cycling Lifestyle AI“ entwickelt. Das Online-Tool nutzt künstliche Intelligenz, um Fotos von beliebigen (internationalen) Straßen in grüne Fahrradstraßen zu verwandeln.

Laut Lior glauben viele Menschen nicht daran, dass ihre Stadt oder ihr Land fahrradfreundlicher werden kann, „weil so etwas nur in den Niederlanden funktioniert“. Lior möchte den Menschen diese Skepsis nehmen. „Wir wollen die Lebensqualität vermitteln, die viele niederländische Straßen bieten. Unser Tool zeigt, wie Straßen lebenswerter gestaltet werden können. Manchmal muss man es erst sehen, um es glauben zu können.“

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