Melissa Bruntlett on the intelligent cycle path TU Delft campus
© Bring yourself - NBTC
Bring yourself

Melissa Bruntlett

Die Kanadierin beschreibt die niederländische Fahrradkultur als Erfolgskonzept

Wenn man das Auto sowieso nicht oft benutzt, kann man es genauso gut abschaffen. Das dachte sich die kanadische Fahrradaktivistin Melissa Bruntlett, als sie noch in Vancouver lebte. Nach einer Reise in die Niederlande beschließt sie, nach Delft auszuwandern. Der Grund für ihren Umzug ist so überraschend wie eindeutig: Sie möchte die niederländische Fahrradkultur auf der ganzen Welt bekannt machen!

Bring yourself, Melissa will do the same

Melissa Bruntlett with her book Curbing Traffic

Melissa Bruntlett ist Mitbegründerin von Modacity, einer Kreativagentur zur Förderung einer nachhaltigen Infrastruktur in Städten. Zusammen mit ihrem Mann hat sie zwei Bücher über die niederländische und internationale Fahrradkultur und -infrastruktur geschrieben.

Radfahren als Erfolgskonzept

Man kann kein echter Verfechter des Radfahrens sein, ohne jemals die Niederlande besucht zu haben. Das dachte sich auch Melissa Bruntlett, als sie 2016 ins Flugzeug stieg, um den niederländischen Fahrrad-Lifestyle mit eigenen Augen zu erleben. Sie besuchte Groningen, Eindhoven, Rotterdam, Utrecht „und natürlich Amsterdam“. Auf Basis ihrer Reise entstand ihr erstes Buch „Building the Cycling City“, in dem sie die niederländische Fahrradkultur als Erfolgskonzept beschreibt.

Ihre Reise hat bleibende Spuren hinterlassen. Im Jahr 2019 zog Melissa mit ihrer Familie nach Delft. „Es war Februar. Wir kamen aus dem Bahnhof und bemerkten sofort, wie viele Menschen noch mit dem Fahrrad unterwegs waren.“ Seit sie in Delft lebt, hat Melissa viele Veränderungen auf den Straßen beobachtet. „Delft ist wunderschön, und es wird immer schöner.“

Melissa erzählt, dass die historische Innenstadt inzwischen weitestgehend autofrei ist. Außerdem wurden hochmoderne, intelligente Fahrradwege auf dem Campus der TU Delft angelegt, die mithilfe unterirdischer Sensoren den Verkehr vorhersagen können.

Melissa Bruntlett on the intelligent cycle path TU Delft campus
„Wenn ein neues Semester beginnt, füllen sich die Radwege mit 30.000 Studierenden und Universitätsmitarbeitenden.“
Melissa Bruntlett

Idyllisch und modern zugleich

Melissa Bruntlett with bike at the canal Oude Delft backdrop The Old Church

Inzwischen ist die Kanadierin so sehr an den niederländische Fahrrad-Lifestyle gewöhnt, dass sie sich manchmal über kleine Dinge ärgert, von denen sie in Kanada nur hätte träumen können. „Wenn ein neues Semester beginnt, füllen sich die Radwege in kürzester Zeit mit 30.000 Studierenden und Universitätsmitarbeitenden. Dann kann es ganz schön eng werden. Trotz allem sind die Straßen sicherer als an vielen anderen Orten.“

Ein Fahrradstau wäre in Kanada undenkbar gewesen. Melissa beobachtet genau, wie sich ihre alte Heimat verändert. Ihr ist aufgefallen, dass viele kanadische Städte bemüht sind, die Infrastruktur für Fahrradfahrer*innen zu verbessern. Wenn es nach ihr ginge, würde sie vor allem einen Ort optimieren: und zwar eine bestimmte Kreuzung unweit ihres Elternhauses.

„Es ist überall möglich”

Um zu zeigen, wie kanadische Städte mit mehr Fahrrädern aussehen würden, nutzt sie das Online-Tool „Cycling Lifestyle AI“, das mithilfe künstlicher Intelligenz Fotos von beliebigen Straßen in niederländische Fahrradstraßen verwandelt. Melissa sagt: „Es gibt an dieser besagten Kreuzung vier Autospuren, aber nur eine enge Spur für Radfahrer *innen und Fußgänger*innen. Wenn ich dann an meine Eltern denke, die immer älter werden, würde ich gerne etwas an der Situation verändern. Ich möchte zeigen, wie die Kreuzung im besten Fall aussehen könnte.“

Als Verfechterin der niederländischen Fahrradkultur muss sich Melissa oft anhören, dass dieser Umgang mit Fahrrädern nicht auf andere Länder übertragbar sei. Die Kanadierin gibt zu, dass man etwas Vorstellungskraft benötigt. Zum Glück gibt es „Cycling Lifestyle AI“. „Das KI-Tool zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass es eben doch überall möglich ist“.

Melissa Bruntlett with mobile and Mill the Rose
Melissa Bruntlett reading her book